Blogbeitrag – 08. Januar 2018
5 Fragen an: Bernhard Fiedler
Dr. Bernhard Fiedler (LL.M.) ist Senior Associate bei Norton Rose Fulbright LLP in Frankfurt am Main und auf Bankenrecht spezialisiert. Als einer der ersten Anwälte erkannte er das Potenzial von Legal Technology für die juristische Arbeit und setzt sich nun seit mehreren Jahren intensiv mit Technologie und Recht auseinander.
Das Legal Tech Lab Frankfurt am Main hat Herrn Fiedler 5 Fragen zum Thema Legal Tech und dem Jura-Studium gestellt.
- Legal Tech in eigenen Worten: was bedeutet Legal Tech aus Ihrer Sicht?
In einer engen Auslegung umfasst der Begriff “Legal Tech“ aus meiner Sicht Software, die die Arbeit des Rechtsanwenders unterstützt (sog. formelle Legal Tech Anwendungen wie z.B. Kanzleimanagement Software, DMS, Billing Tools aber auch das beA) sowie Software, die direkt in die juristische Arbeitsweise eingreift (sog. materielle Legal Tech Anwendungen wie z.B. ChatBots, Expertensysteme, AI basierte Review Software und Dokumentenautomation). In einer weiten Auslegung umfasst der Begriff meiner Erachtens auch Themengebiete wie Legal Design.
- Warum ist Legal Tech für Studierende wichtig?
Egal ob das Ziel des Studiums das Richteramt, die Verwaltung oder die Anwaltschaft ist, Informationstechnologie ist aus der juristischen Arbeitswelt nicht mehr wegzudenken und wer einmal juristisch arbeiten will, der kommt an der Digitalisierung nicht vorbei. Dabei fällt auch auf, dass viele angehende Juristen einen erheblichen Mangel an Basisfähigkeiten mit einfachsten aber heute praktisch unerlässlichen Anwendungen wie beispielsweise MS Word haben. Hier ist Grundlagenarbeit erforderlich. Wichtig ist aber: Um Legal Tech verstehen und damit arbeiten zu können muss man erst einmal “Legal“ können. Legal Tech kann insoweit nur eine Ergänzung zum bestehenden Studienplan sein.
- Digitalisierung und Recht: das birgt doch viel mehr Gefahren als Chancen, oder?
Ich sehe eher die Chancen als die Gefahren. In der Diskussion wird von den Softwarelösungen häufig eine 100% Richtigkeit verlangt, wobei regelmäßig die menschlichen Fähigkeiten erheblich überschätzt werden.
- Scheinfrei werden und dann so schnell wie möglich in die Examensvorbereitung. Lohnt sich überhaupt, zusätzlich noch Zeit für andere Themen, wie Legal Tech, aufzubringen?
Das wird jeder für sich selbst entscheiden müssen. Spätestens zum Berufseintritt sollten aber grundlegende Fähigkeiten vorhanden sein. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Thema gerade in den letzten zwei Jahren große Schritte gemacht hat. Wer heute anfängt zu studieren wird im Jahr 2024 (2018 + acht Semester Regelstudium + zwei Jahre Referendariat) eine nochmals deutlich fortgeschrittene Technologielandschaft in der Juristerei vorfinden und sich darin zurechtfinden müssen.
- Legal Tech? Da muss man doch programmieren können?
Das kommt drauf an. Die meisten Anwendungen erfordern keine Programmierfähigkeiten sondern nur ein logisches Verständnis. Wer natürlich selbst entwickeln möchte, wird über das dafür notwendige Know-How verfügen müssen.
Herr Dr. Fiedler, wir danken Ihnen für das Interview.