Das Legal Tech Lab sprach mit Hanno Daniel über Legal Tech, die Arbeit in einer Großkanzlei, das Jura Studium und den Einfluss von Legal Tech. Er verantwortet bei Clifford Chance den sogenannten Best Delivery Hub.

Mein Name ist Hanno Daniel und ich verantworte bei Clifford Chance den sogenannten Best Delivery Hub. Hier zurren wir die Technologie-Themen – also in erster Linie Legal Tech – mit Prozessverbesserungen fest und verbinden dies mit der Arbeit von Spezialisten im Mandat, etwa Legal Project Managern. Im Ergebnis liefern wir so eine Blaupause für effiziente, moderne Mandatsarbeit. Vor meiner Rolle bei Clifford Chance war ich zwölf Jahre in unterschiedlichen Rollen bei Freshfields Bruckhaus Deringer tätig, zum Teil in globaler Verantwortung. Ich bin 49 Jahre alt und finde meinen Ausgleich zum Beruf neben der Familie beim Mountainbiken, Snowboarden und (Beach)volleyball.

1. Legal Tech in eigenen Worten: was bedeutet Legal Tech aus Ihrer Sicht?

Legal Tech beschreibt eine neue Gattung IT-gestützter Werkzeuge, deren vordringlichstes Merkmal die Mustererkennung ist (etwa das identifizieren einer Change-of-control Klausel in Texten). Das zweite Merkmal ist die fortgeschrittene Automatisierung repetitiver Vorgänge, etwa beim Erstellen von Verträgen aus Textmodulen. Der Nutzen ist dabei erstens die nahezu beliebige Skalierbarkeit, wenn das System einmal angelernt ist (es können nahezu beliebig viele Texte zügig bearbeitet werden). Zweitens – als primärer Nutzen für den Mandanten – können Teile der Mandatsarbeit (etwa die Due Diligence) günstiger und/oder schneller erstellt werden. Es gilt, diese neuen Werkzeuge in der Breite und messbar nutzbringend tief im Mandatsprozess zu verankern.

2. Warum ist Legal Tech für Studierende wichtig?

So wie schon Email, Word und Excel vor 30 Jahren die anwaltliche Tätigkeit grundlegend änderten, wird auch Legal Tech dies tun. In wenigen Jahren werden diese Systeme ganz selbstverständlich den Arbeitsalltag begleiten. Neue Berufsbilder entstehen bereits (etwa der Legal Technologist, der Legal Engineer oder der Legal Project Manager). Diese Entwicklung zu beobachten, zu kennen und sogar möglicherweise zu gestalten wird maßgeblich sein für den späteren Erfolg (und Spaß) im Beruf.

3. Digitalisierung und Recht: welche Entwicklungen erwarten Sie auf diesem Gebiet?

Alles was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert werden. Zugang zu juristischem Know-how wird einfacher, juristische Dienstleistung wird transparenter und der Wettbewerb wird sich verschärfen. Als Konsequenz muss sich die Rechtsdienstleitung weiterentwickeln. Ob dezentrale Speicher (Blockchain) derzeitige zentrale Register (etwa das Grundbuchamt) ablösen, wird man sehen. Die Rolle der Notare würde wesentlich verändert. Diese Fragen werden eine grundsätzliche Debatte über die Aufgaben und den Schutzzweck unserer Rechtsordnung bewirken.

4. Scheinfrei werden und dann so schnell wie möglich in die Examensvorbereitung. Lohnt sich überhaupt, zusätzlich noch Zeit für andere Themen, wie Legal Tech, aufzubringen?

Unbedingt. Siehe oben – juristische Expertise alleine wird in einem sich rapide ändernden Berufsumfeld nicht mehr ausreichen. Neue Dienstleistungen entstehen (z.B. flightright.de, myright.de), andere fallen weg (etwa die manuelle Due Diligence). Neugierig bleiben und den Blick nach links und rechts nicht vergessen.

5. Legal Tech? Da muss man doch programmieren können?

Nein. In erster Linie muss man Zweck, Einsatzmöglichkeiten, Beschränkungen und Nutzen der Systeme einschätzen und diese zumindest beauftragend nutzen können. Schaden können Programmierkenntnisse natürlich nicht, da sie das Verständnis für die Abläufe in Systemen schulen.

6. Wenn Sie/du sich/dir heute ein Legal Tech Produkt wünschen könnten/könntest, welches wäre dies dann?

Eines, das die drei Bereiche der Legal Tech Tools – Extraktion/Analyse von Dokumenten (Kira, Leverton), Businesslogik (Neota Logic) und automatisierte Erstellung von Verträgen (Contract Express, HotDocs) – in einer einheitlichen, durchdachten Kette vereint.

7. Welcher Person sollte das Legal Tech Lab Frankfurt am Main diesen Fragen als nächstes stellen?

Stefan Schicker von SKW Schwarz in München.

 

Herr Daniel, wir danken Ihnen für dieses Interview.