Das Konzept „5 Fragen an…“: Wir stellen Legal Tech Unternehmern und wichtigen Persönlichkeiten aus der Legal Tech Szene 5 Fragen rund um das Thema Studium, Legal Tech und Zukunft des Rechts!

Heute: Sebastian Schüßler von Rödl & Partner 

 

 Sebastian Schüßler ist als Rechtsanwalt und Digitalisierungsmanager Legal Technology in der Hamburger Niederlassung von Rödl & Partner tätig. Dort befasst er sich mit den Themen Legal Tech, disruptiven Technologieanwendungen und digitale Innovation. Seine juristisch-technologischen Lehr- und Wanderjahre verbrachte Herr Schüßler u.a. an der Bucerius Law School in Hamburg sowie an der University of the Pacific, McGeorge School of Law, Sacramento, California, USA.

 

  1. Legal Tech in eigenen Worten: was bedeutet Legal Tech aus Ihrer Sicht?

„Die Möglichkeiten der Digitalisierung angewendet auf das juristische (Berufs)Leben.“ Wenn man das so kindlich formuliert, sieht man gut, um was es hier wirklich geht: Es geht um große Potentiale. In allen Bereichen meines Erachtens nach. Wirtschaftlich genauso wie für die persönliche Lebensgestaltung. Wer kann sich heute z.B. noch ein Leben ohne Navi im Auto, Online-Banking vom Smartphone aus, digitale Fotografie etc. vorstellen? Ich denke, dass wir im juristischen Bereich ebenfalls spannende Entwicklungen sehen werden und wir uns künftig auf hervorragende digitale Lösungen freuen dürfen!

  1. Warum ist Legal Tech für Studierende wichtig?

Weil es in der Natur der Sache liegt, sich in der akademischen Phase seines Lebens um Zukunftsfragen zu kümmern! Ob man nun nur ein bisschen „schnuppert“ oder auf diesem Gebiet künftig seine Hauptaufgaben sieht, ist meiner Ansicht nach ganz nach persönlichem gusto und den eigenen Fähigkeiten zu entscheiden. Sprechfähig sollte man aber sicher sein. Ein Beispiel: Legal Tech erinnert mich ein bisschen an Englisch im Berufsleben: Es gab Zeiten, da kam man vermutlich ganz passabel ohne Englischkenntnisse aus. Heute ist das nicht mehr so. Allerdings bedeutet das auch nicht, dass jeder Englisch so gut können muss wie ein native speaker und 24/7 nur auf Englisch arbeitet. Wir sind uns aber sicher einig, dass solide Basiskenntnisse unverzichtbar sind. Bei Legal Tech sehe ich das für die Zukunft ganz ähnlich. Es wird wohl nicht jeder Jurist einen Zusatzabschluss vom MIT brauchen, aber „Bestreiten mit Nichtwissen“ ist vermutlich auch nicht die beste Option.

  1. Scheinfrei werden und dann so schnell wie möglich in die Examensvorbereitung. Lohnt sich überhaupt, zusätzlich noch Zeit für andere Themen, wie Legal Tech, aufzubringen?

Neben einer intelligenten Vorbereitung auf das Staatsexamen, die darauf abzielt, die gewünschten beruflichen Optionen zu eröffnen, lohnt sich meiner Ansicht nach der Blick über den Tellerrand immer. Aus diesem Grund bin ich persönlich z.B. zum Studium an die Bucerius Law School gegangen, weil mich dort gerade die breite Palette an Ausbildungsmöglichkeiten gereizt hat. Grundsätzlich kann sich aber jeder – unabhängig von Universität und Studienort – ein gutes „Bildungs-Portfolio“ zusammenstellen. Man denke z.B. nur an die ganzen Webinare, die zum Teil sogar kostenfrei zugänglich sind. Noch eine Idee für alle, die im Grundstudium mit dem Pflichtstoff genug zu tun haben: Spätestens in den Wahlstationen im Referendariat sollte man ein bisschen Legal Tech sicher ganz elegant unterbringen können!

  1. Sie stehen am Anfang Ihres Jura Studiums: würden Sie etwas anders machen als damals? Wenn ja, was wurden Sie heute anders machen als damals?

Ganz klar: Noch früher mit dem Kontakt zur Praxis und der Berufsfelderkundung beginnen! Wenn es schon Zeitmaschinen gäbe, würde ich mir jetzt spontan pro Quartal einen Lunch/Skype-Termin mit jemandem, die oder der schon im Berufsleben steht, in meinen Studienplan eintragen und auf diese Weise so viele (unterschiedliche!) Eindrücke wie möglich sammeln. PS: Wenn Sie, liebe Studentin, lieber Student Lust auf einen Legal Tech Lunch/Skype-Termin haben sollten, sprechen Sie mich gerne an!

  1. Geht es bei Legal Tech nur um „Legal“ und um „Tech“?

Ganz im Gegenteil! Legal Tech ist ein Bereich, in dem die unterschiedlichsten Aspekte zusammenkommen. Aktuell befinden wir uns alle – nicht nur im Rechtsbereich – in einer sehr spannenden und herausfordernden Phase der digitalen Transformation. Wir haben hier nicht nur wirtschaftliche oder gar nur juristische Themen zu berücksichtigen, sondern sehen uns auch mit weitreichenden gesellschaftlichen und politischen Aufgabenstellungen konfrontiert. Hier aktiv insbesondere den einen oder anderen Change-(Management-)Prozess mitzugestalten ist aus meiner Sicht gerade für uns Juristen ganz wichtig. Erinnern Sie sich noch an die Funktionen des Rechts aus der Grundlagenvorlesung im 1. Semester, z.B. Ordnungsfunktion, Integrationsfunktion oder Steuerungs- und Gestaltungsfunktion? Erinnert Sie das irgendwie auch an Themen, die Sie aus der IT oder allgemein der Digitalisierung kennen? Ich denke ja – Jura und IT haben viel gemeinsam!

 

Herr Schüßler, wir danken Ihnen für dieses Interview!